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Samstag, 27. Juli 2019

Pünktlichkeitsstatistik Juli 2019

Persönliche Pünktlichkeitsstatistik seit 1.7.19

Für Juni gibt die Bahn einen Gesamtpünktlichkeitswert von 92,6% an. "Gefühlt" halte ich das für unrealistisch. Zudem betrachtet die Bahn jeden Zug einzeln. Diese Betrachtung bringt Pendlern aber wenig, wenn sie mehrmals umsteigen müssen. Hier kann bereits eine Zugverspätung alles durcheinander werfen. Ich will daher ab Juli meine eigene Statistik führen und künftig fortschreiben. Dabei betrachte ich immer komplette Wegstrecken vom Start- zum Zielbahnhof:
  • Anzahl der Reisen: 6.
    Davon nicht pünktlich am Zielbahnhof:
    4 (66,6%)
  • Anzahl der Reisen ohne Vorfälle*: 1 von 6
  • Zeitverlust durch unpünktliches Ankommen am Zielbahnhof: 327 Minuten
 * Vorfälle: defekte WC, kein oder eingeschränktes Boardbistro, keine Sitzplatzanzeige, defekte Klimaanlage, defekte Türen,  fehlende Wagen etc.

Erkenne den Fehler

Die lahmen Fahrgäste sind schuld....

Der ICE am gestrigen Freitag soll um 15:24 Uhr in Stuttgart abfahren und steht
bereits bei meinem Eintreffen gegen 15:00h am Gleis. Da die Ferien begonnen haben, ist am Gleis viel los und die Menschen wollen kein Risiko eingehen
und sind ebenfalls zeitig da. Ein großer Teil des Gleises ist nicht
überdacht und die Menschen stehen im Freien. Es sind über 35 Grad Celsius, hohe Ozonwerte und die Sonne brennt.
Wir stehen fast 20 Minuten vor verschlossenen ICE-Türen.
Der Zug fährt mit 6 Minuten Verspätung ab. Lautsprecherdurchsage: "Wegen der
langen Ein- und Aussteigezeit konnten wir nur verspätet abfahren".

So kann man mangelnde Pünktlichkeit auch vertuschen: erst die Leute
dehydrieren und matt machen und dann ihnen Verzögerungen vorwerfen...

Der Zug hat bis Hannover über eine halbe Stunde Verspätung angesammelt,
wie fast jeden Freitag klappt es mit dem Anschluss nicht.

Donnerstag, 25. Juli 2019

Rebooting ICE oder Patchday bei der Bahn

"Der Lokführer muss den PC ein- und wieder ausschalten, um weiterfahren zu können..."

Der ICE 577 fällt am 24.07. komplett aus und soll durch eine EC/IC ersetzt werden. Da im EC nicht alle Platzreservierungen übernommen werden können, es kein Boardrestaurant gibt und eine Klimaanlage fraglich ist (es war einer der heißesten Tage des Sommers) entscheide ich mich, mit dem nächsten ICE in zwei Stunden zu fahren.

Der ICE 579 kommt pünktlich. Das Boardbistro ist wegen eines Wasserrohrdefekts geschlossen. Kurz hinter Hannover stoppt der ICE abrubt und meine Sitznachbarin kippt sich ihre Thermokanne über die weiße Hose. Es wird durchgesagt, dass der Lokführer den PC neu starten muss und der ICE so lange ohne Strom und damit Klima, WC, W-Lan und Licht stehen bleiben muss. Anfangs bin ich amüsiert – scheint die Bahn doch in ihren Loks Windows-PC verbaut zu haben… Nach 3 Neustarts fährt der ICE wieder. Denke darüber nach, Zuhause mal wieder die Firewall, das Virenprogramm und die Systemintegrität auf meinem Computer zu überprüfen.



Was macht die Bahn eigentlich am Patchday? Stehen alle ICE für 30 – 45 Minuten still bis die Updates installiert sind? Oder nutzen sie noch Windows XP?
Was passiert, wen den Lokführer sein Anmeldepasswort vergisst? Wird der ICE dann zurückgesetzt?


Was macht die Bahn, wenn ein russischer Bot den Zug übernimmt - obwohl, bei dem Chaos ist das wohl schon geschehen?!

Mittwoch, 24. Juli 2019

Ältere Reisende - oft unterschätzt


Rente aufbessern mit dem Fahrgastrechteformular. 

Mein Mitfahrer, ein älterer unscheinbarer Herr, dem ich vom letzten Blogeintrag berichtete, ist sogar begeistert, wenn sich sein Zug verspätet hat. Er kauft grundsätzlich nur Spartickets und schafft es in den überwiegenden Fällen sogar, sich den Ticketpreis zu 25 – 50% erstatten zu lassen. Wie er es macht, hat er mir verraten:

„Suchen Sie an Ihrem eigentlichen Zielbahnhof eine Folgeverbindung mit 1-2 Stationen in die Provinz, die Sie nach planmäßiger Ankunft in 4-5 Minuten erreichen müssen. Wichtig ist, dass diese Bahnhöfe nur alle 1- 2 Stunden angefahren werden. Sie zahlen zwar für das Ticket 3-4 Euro mehr, die Chance, dass Sie es wegen Verspätungen am Endbahnhof zu 25 oder 50% erstattet bekommen, ist groß.“

Stolz zeigte er mir daraufhin einen dicken Ordner mit beschiedenen Fahrgastrechteformularen. Seit er über seinen DB – Account auch Reisen für andere buche und dann deren Ankunft prüfe, mache er fast schon ein Plus bei der Sache. Seine Enkelkinder freut`s, kann er sie doch so trotz kleiner Rente häufiger Besuchen und Geschenke mitbringen. 

Die wichtigen Informationsquellen für diese Geschäftsidee hat er mir auch gleich gezeigt (DB W-LAN machts möglich), um mich von dieser Geschäftsidee zu überzeugen und für die verbliebenen 3 Stunden ein Gesprächsthema zu haben:

Allerdings gibt mein Sitznachbar auch ganz unumwunden zu, dass diese Vorgehensweise sehr zeitaufwändig und administrativ sehr anspruchsvoll ist. Ob das Ganze lukrativer sei als zu "Riestern", konnte er mir nicht beantworten. Er will jetzt vom PC auf Bahn_handyapps umsteigen und verspricht sich davon einen Produktivitätszuwachs.

Mir ist wieder mal klar geworden, wie sehr wir die ältere Generation unterschätzen, so viel technisches KnowHow gepaart mit systematischer Vorgehensweise und krimineller Energie hätte ich bei einem über Siebzigjährigen nicht erwartet. Das ist aber lediglich geschätzt. Sein genaues Alter und genaue Angaben zur Person wollte er nicht machen...

Keine Chance für deutsche Züge im Schweizer Bahnnetz

Ihr kommt hier nicht rein...

Auf dem Weg nach Freiburg gab es für Reisende in die Schweiz eine enttäuschende Durchsage: "Aufgrund unserer Verspätung darf unser Zug nicht in das hoch frequentierte Schweizer Bahnnetz einfahren. Der Zug endet in Freiburg". 

Man muss also das für Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit bekannte Schweizer Bahnnetz neuerdings vor deutschen Zügen schützen. Diese Vorgehensweise war mir neu und wirkt nach etwas Nachdenken bedrohlicher als die Sperrung der österreichischen Landstraßen bei Tirol oder Salzburg. Immerhin kommt man ja noch über die Brennerautobahn in das Land und die Fahrverbote sind zeitlich befristet.

Wenn künftig fast kein deutscher Zug mehr in die Schweiz kommt - denn das wäre ja die Konsequenz bei der derzeitigen Pünktlichkeit - ist das doch verheerend! Ich stelle mir vor, wie die Lager mit bahnreisenden gestrandeten campierenden Urlaubern und von Schwarzgeldtransporteuren rund um den Bodensee immer größer werden, die hoffen alternativ einen Bus zu erreichen oder von Schleppern über den Bodensee gebracht werden.
Aber das ist nur Fiktion. Laut Statistik der DB lag die Pünktlichkeit im Fernverkehr im Monat Mai bei 69,8%. Also kommen nur 1/3 der Reisenden nicht in der Schweiz an...

Fast 70% pünktlich hört sich ja ganz gut an. Was ist aber, wenn Reisende zwei- oder dreimal umsteigen müssen? Ich bin kein Jünger des Gerolamo Cardano - aber selbst mir als Laien wird klar, dass die Wahrscheinlichkeit, dann noch pünktlich anzukommen, geringer wird. Um so verwunderlicher ist es, dass die Standardeinstellungen bei der Bahn Umsteigezeiten von 4 Minuten zulassen...

Willkommen auf freier Strecke kurz hinter Hannover


Warum das Elend aufschreiben?

Ich habe lange überlegt, was ich mit der vielen Zeit, die ich in verspäteten Zügen oder beim Warten auf Bahnhöfen anfangen soll. 
Es gibt Leute, die Häkeln, andere weinen einfach nur oder lassen ihre Wut an den Zugbegleitern aus. Da ich handwerklich weniger geschickt, Gefühle öffentlich nicht so gut zeigen kann und bei körperlichen Auseinandersetzungen ein großes Risiko sehe, unterlegen zu sein, scheiden diese Optionen für eine sinnstiftende Zeitnutzung aus. Daher will ich meine Erlebnisse mit der Bahn einfach mal aufschreiben. 
Die Bücher meines Lieblingsautors, John Irving, basieren auf dem Prinzip, dass der Autor seine Figuren oftmals sehr leiden lässt. Was sich für die Protagonisten als auswegloses Dilemma oder große Qual darstellt, ist für den Leser oftmals sehr erheiternd. Wo gibt es mehr Leid – oftnals verursacht durch irrwitzige Umstände - als beim Reisen mit dem ICE. Mein großer Vorteil liegt folglich darin, dass ich mir Charaktere und Umstände nicht ausdenken muss, sondern einfach nur das tägliche Pendlerleid zu schildern brauche, um zu erheitern. Vielleicht verbessert dies auch meine Laune im Zug (zumindest beim späteren Lesen).