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Mittwoch, 21. August 2019

Im Zug angefixt oder wer frustriert ist, nascht gerne


Dealen in der Bahn und den Gemeinsamkeiten von Bahnreisen und Kaffeefahrten


Wer viel Muße und genügend Zeitungen hat, liest auch mal den einen oder anderen Beitrag, den man sonst überblättert hätte. Oder anders: in der Bahn schafft man es beim Warten auf Weiterfahrt tatsächlich, alle kostenlos ausliegenden Zeitungen intensiv zu studieren. Sogar die Süddeutsche habe ich schon durch und überlege, ob ich mir „DIE WELT“ wirklich noch antun sollte. 
Einen Beitrag über Drogenprobleme an Schulen, konnte ich nicht ganz zu Ende studieren, da eine freundliche DB-Mitarbeiterin mir ein Tablett mit Minigummibärchen unter die Nase bzw. über die Zeitung hält. Schmecken ja ganz gut.

So nun wieder zu den Drogenproblemen des Zeitungsartikels. Lehrer beklagen sich darüber, dass Dealer doch tatsächlich auf dem Schulhof Gratisproben an Schüler verteilen, um diese anzufixen. Ich frage mich, wie es um unsere Schüler bestellt ist, wenn man so naiv ist, um drauf hereinzufallen und nehme gerne noch das Stück Schokolade, das mir eine andere Zugbegleiterin wortlos reicht. 

Immerhin steht „Lieblingsgast“ drauf. Heute scheint man mit diesen Gaben sehr großzügig zu sein und uns reisende durch Zuckerzufuhr gnädig stimmen zu wollen, denn es hagelt eine Verspätungsdurchsage nach der nächsten durch die Lautsprecher.


Es ist sogar anzunehmen, dass diese Vorgehensweise erfolgreich ist. An einer der Hochschulen, für die ich tätig war, hatte man herausgefunden, dass die Seminarbewertungen der Teilnehmenden um 10 Prozentpunkte schlechter waren, wenn es während der Veranstaltung keinen Gratiskaffee und Gratiskekse gab. Einige Dozenten haben dann nach deren Abschaffung eigenständig für Kaffee und Kekse gesorgt. Das ist natürlich etwas einfacher, als die Arbeit an der eignen Lehrqualität… Muss hierzu unbedingt mal die Psychologieprofessoren befragen. Das wäre natürlich auch eine Idee für die Bahn - ab 20 Minuten Verspätung bekommt man eine Zuckertüte und ab Verspätungen von einer Stunde kann man sich einen Sirup-Infusionsschlauch aus der Armlehne ziehen…

Beim Kauen des Bonbons, dem mir die Gummibärchenfrau nunmehr kredenzt, werde ich nachdenklich. Ist doch ganz schön viel Zucker, den man auf so einer Bahnfahrt konsumiert. Vielleicht müssen die Sitze in der ersten Klasse deswegen breiter sein, weil Vielfahrer entsprechend angefüttert werden.
Hier bin ich mir nicht sicher, ob ich den Begriff des Anfütterns richtig verwendet habe und mache mich an die Internetrecherche. Das ist technisch jetzt gerade möglich, da wir den Raum Kassel und sein Funkloch bereits hinter uns gelassen haben. Doch, der Begriff passt sinngemäß, wie ich in einem Beitrag der Landwirtschaftskammer mit dem Titel „Rückenspeck bei Jungsauen anfüttern!“ lesen kann.

Da mein Zielbahnhof bald erreicht sein könnte, will ich doch noch etwas Produktives machen und beginne eine Einkaufsliste für den Nachhauseweg: Gummibärchen, Rittersportschokolade, Zitronenbonbons…
Halt!!! Ich muss mich im Geiste bei den Schülern entschuldigen. Wenn ich da bei Süßigkeiten schon nicht durchschaue…

Andererseits ist diese Vorgehensweise ja auch ein prima Marketingkanal. Wer frustriert ist, futtert gerne süße Sachen – das muss ich nicht recherchieren! Das ist ausbaufähig und man könnte auf Bahnseiten überlegen, auf was eine frustrierte und genervte Zielgruppe, die für unabsehbar lange Zeit nicht vom Fleck weg kommt, noch anspringen könnte. Die Abgabe von Psychopharmakaproben verbietet bestimmt das Arzneimittelgesetz. Aber Auszüge aus Ratgebern zu Depressionen oder Psychosen könnten beim einen oder anderen Bahnfahrenden Zuspruch finden. Auch Alkoholminiaturen wären ein Mittel, die Wartezeit vor belegten Bahnhofgleisen verschönern. Selbst Haushaltsgeräte könnte man präsentieren, wobei man besser alles, was scharf und spitz ist, lieber weg lassen sollte.
Damit hätte Bahnfahren allerdings noch mehr Gemeinsamkeiten mit Kaffeefahrten: die Angaben in den Infobroschüren stimmen zumeist nicht, man weiß nicht, wo man schlussendlich hingebracht wird und wie lange es dauert und das Personal reagiert ungehalten auf Rückfragen oder Reklamationen…

Mittwoch, 7. August 2019

DB-Bullshit-Bingo

Nicht ärgern, wenn Sie dies auch schon gehört oder gelesen haben. Spielen Sie einfach mit!

Erfahrene Reisende wissen oft bereits am Anfang einer Durchsage oder aufgrund weniger Wortfetzen, was auf sie zukommt. Durch langjährige Übung haben Sie die wichtigsten Störungsmeldungen bereits verinnerlicht. Machen Sie aus der Not eine Tugend und versuchen sich im DB-Bullshit-Bingo:

Wasserfolter bei der Bahn

Folgen kostenlosen Wassers nicht zu Ende gedacht.

Komme gerade an einer defekten ICE-Toilette vorbei, was mich an ein Erlebnis im letzten Jahr erinnert… 

Bei brütender Hitze kam der ICE und auch seine Klimaanlage zum Stehen. Eifrig verteilen die Bahnbediensteten Wasserflaschen an die Reisenden. Als die Mitarbeiterin bei der zweiten Runde meinte, „nehmen Sie ruhig zwei oder drei Flaschen“, wurde ich doch etwas nervös im Hinblick auf die zu erwartende Standzeit des Zuges.
Rasch und vor allem unauffällig kontrollierte ich meinen Vorrat an Essen und Getränken, den ich seit zwei Jahren präventiv bei Bahnfahrten immer mitführe. Unauffällig, da man nie weiß, wie nach zwei oder drei Tagen völlig ausgehungerte und dehydrierte Mitreisende reagieren würden, wenn man noch Vorräte hat. Ma liest ja in so vielen Katastrophenratgebern, für die ich als langjähriger Bahnkunde eine gewisse Vorliebe entwickelt zu haben scheine, wie gute Vorbereitung zum Verhängnis werden kann.

Vor Hitze und wohl auch aus langer Weile machten viele vom Gratiswasser reichlich Gebrauch und vergaßen über diese kostenlosen 19Cent-Artikel fast, dass wir bereits nahezu  zwei Stunden auf Weiterfahrt warteten.

Nunmehr bemerkte ich auch die ersten nervös werdenden Reisenden. Auch die Elektrik der WC funktionierte scheinbar nicht mehr so richtig ordnungsgemäß und die Toilettenbecken stießen langsam an ihre Kapazitätsgrenzen, so dass einige Boardtoiletten nicht mehr benutzbar waren. „Wohin aber jetzt mit dem vielen Wasser“ stand bereits in einigen verkniffenen Gesichtern geschrieben und so mach einer hielt Ausschau nach Behältnissen oder Öffnungen für das nicht mehr benötigte Wasser.

Ab einem bestimmten Punkt dachte ich auch darüber nach, die mir ausgehändigten Wasserflaschen wieder zu befüllen. Zum Glück fuhr der ICE noch rechtzeitig wieder an.
Es wäre vielleicht eine Überlegung wert, mein Bahnreisenotfallset um einen Urinalbeutel (im Volksmund auch Stadionfreund genannt) zu erweitern. Tatsächlich kann man so etwas auch kaufen.

Ein guter Freund hatte es mir vor längerer Zeit auch für Spielfilmabende in Überlänge empfohlen. Ich zog aber bisher die Timeshiftfunktion meines Fernsehers vor.

Andererseits ist Verdursten als auch das Toilettenverbot als nicht hinnehmbare Form der Folter deklariert: https://de.wikipedia.org/wiki/Toilettenverbot.
Daher sollte sich die Bahn vielleicht darüber Gedanken machen, gleich mit dem Gratiswasser solche Urinalbeutel zu verteilen, wenn es mal wieder heißt „Unsere Weiterfahrt verzögert sich…“

Donnerstag, 1. August 2019

Bereits vor Fahrtantritt enttäuschen

"Aktuelle Informationen zu Ihrer Verbindung"

Habe heute mein Mailpostfach aufgeräumt. Die Verspätungsinformation der Bahn mit dem Betreff "Aktuelle Informationen zu Ihrer Verbindung"habe ich seit dem 9.11.15 mehr als 140 Mal erhalten.
Vielleicht wäre es einfacher, Mails zu versenden, wenn zu erwarten ist, dass alles glatt läuft. Aber dann bekäme ich wohl keine Mails mehr von der Bahn...